Vortrag-Titel:

Integration - wie schaffen wir das

Vortrag-Beschreibung:

Integration ist in erster Linie die Bringschuld der Zugewanderten. Von Menschen, die neu ins Land kommen und bleiben wollen, wird erwartet, dass sie sich an die Gesetze halten und den Sinn der demokratischen Grundordnung verstehen lernen. Sie brauchen die Motivation, die Bereitschaft und die Offenheit, das Land und seine Bewohner kennenzulernen, es zu erkunden und Vorurteile abzulegen. Wer die freie Art und Weise ablehnt, wie Menschen hier leben, wer Gesetze und Demokratie abwertet, der wird kaum Chancen haben, anzukommen oder akzeptiert zu werden. Und um beides geht es.
Zur Integration gehört daher auch die Bereitschaft, manches, das im Herkunftsland gilt, infrage zu stellen, wie etwa Konzepte von Hierarchien zwischen Männern und Frauen, Eltern und Kindern oder Strukturen von Autorität und Gehorsam. Vor allem aber bedeutet Integration, die im Grundgesetz repräsentierten Werte als eine Chance für sich und die Familie zu begreifen, zu verinnerlichen, und sie nicht als bedrohliche Risikofaktoren zu sehen. Der Weg zu dieser offenen Haltung ist nicht einfach. Tief sitzende, über Generationen tradierte emotionale Strukturen. Tatsächlich verändern sich Haltungen und Affekte von Menschen nur durch andere Menschen, durch Begegnungen und Dialoge, bei denen Befürchtungen und Abwehr ernst genommen werden, und das offene Gespräch darüber möglich ist. Neuankömmlinge aus autoritären Systemen oder Menschen, die hier schon seit zwei, drei Generationen de facto in Parallelgesellschaften leben, hegen oft starke Vorbehalte gegen die ungewohnte, ihnen fremde, freie und demokratische Kultur. Sie befürchten, die Solidarität ihres Herkunftslandes oder ihrer Religionsgemeinschaft und die Bindung an die Verwandten und Freunde dort zu verlieren. Sie bangen um den Verlust ihrer Sprache und empfinden es als bedrohlich, wenn sich ihre Kinder im »Neuland« von ihnen entfremden. Viele Ängste entspringen purem Unwissen über die großen Chancen und Möglichkeiten, die eine freie Gesellschaft allen bietet, auch den Zuwanderern. Nur über politisch kluge und empathische Brücken kann man wirklich in diesem Neuland ankommen.

Dozent:

Ahmad Mansour

Vita:

Ahmad Mansour ist Diplom-Psychologe und Autor aus Berlin. Geboren 1976 in Kfar Saba besitzt er die israelische und die deutsche Staatsangehörigkeit. 2018 gründete Mansour eine Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention, die verschiedene Projekte im Bildungs- und Integrationsbereich sowie in Justizvollzugsanstalten durchführt. Mansour engagiert sich zudem beharrlich gegen Antisemitismus. 2015 erschien sein Buch »Generation Allah. Warum wir im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken müssen«, 2018 folgte »Klartext zur Integration – Gegen falsche Toleranz und Panikmache« und 2020 »Solidarisch Sein! Gegen Rassismus, Antisemitismus und Hass«. 2022 erschien im Verlag S. Fischer sein viertes Buch »Operation Allah. Wie der politische Islam unsere Demokratie unterwandern will«. Für seine Arbeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Carl-von-Ossietzky Preis für Zeitgeschichte und Politik, den Menschenrechtspreis der Gerhart und Renate Baum-Stiftung sowie das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Die theologische Fakultät der Universität Basel verlieh ihm 2022 die Ehrendoktorwürde.

 

Ahmad Mansour
Foto: Heike Steinweg